Die LAG Brandenburg e.V. begrüßt die angekündigten Vorhaben des Justizministers und sieht in der Digitalisierung sowie in einer strategisch ausgebauten Fortbildungsstruktur zentrale Stellschrauben zur zukunftsfähigen Gestaltung der Bewährungshilfe, und damit der Resozialisierungsmöglichkeiten, im Land Brandenburg.
1. Forderung: Änderung der Geschäftsanweisung:
- IT-Akte durch SOPART soll verbindlich führend sein
- Papierakte soll unterstützend wirken und schrittweise abgebaut werden
Status Quo- doppelte Aktenführung als Belastung
- derzeit regelt die Geschäftsanweisung vom 14.03.2016, 4260-IV.13, dass die analoge Akte in allen 3 Fachbereichen führend ist und die IT-Akte unterstützend geführt wird
- Kolleg:innen arbeiten daher aktuell in analogen Handakten und gleichzeitig digital in der Fachanwendung SOPART
- die doppelte Aktenführung belastet die Resozialisierungskapazitäten maßgeblich und stellt strukturell eine erhebliche Belastung dar
SOPART- die digitale Praxis
- Seit 2017 flächendeckend im Einsatz in allen 3 Fachbereichen
- SOPART = strukturierte, integrierte Fachanwendung- als vollständige elektronische Akte zu bewerten
- Revisionssicherheit durch automatisierte eingefrorene Signaturen
Potentiale durch SOPART
- In 10 Bundesländern im Einsatz, in einigen Bundesländern (Berlin, Bayern, u.a.) auch im Vollzug
- Bereits heute ist innerhalb Brandenburgs das Teilen binnen Sekunden von elektronischen Akten, Berichten und Dokumentationseinträgen möglich → z. B. zwischen Dienstsitzen, mit der Führungsaufsichtsstelle oder bei Fallübergaben
- SOPART bietet weitgehend ungenutzte Schnittstellen zu anderen Systemen, z.B. Basis-Web (Vollzug) • Potenzial für medienbruchfreien Übergang, besonders aus dem Justizvollzug (Vollzugspläne, Entlassung)
- Es bestehen bereits länderübergreifende SOPART-Verbünde, die den elektronischen Rechtsverkehr auch für die Sozialen Dienste der Justiz in naher Zukunft ermöglichen
Die Digitalisierung darf nicht nur als technischer Fortschritt betrachtet werden, sondern als strategischer Hebel zur Stärkung der Resozialisierung. Eine rein digitale Aktenführung ermöglicht:
- eine erhebliche Reduktion des Dokumentationsaufwands
- eine schnellere und konsistentere Kommunikation innerhalb der Justizbehörden und mit externen Kooperationspartnern
- eine verbesserte Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Arbeitsprozess
- sowie eine Erhöhung der rechtlichen und fachlichen Standards
2. Forderung: Stopp von LSI-R
Im Worst-Case-Szenario wird die Einführung von LSI-R dem Digitalisierungsvorhaben entgegenstehen und durch Doppelstrukturen die wesentlichen Resozialisierungskapazitäten endgültig überstrapazieren
LSI-R vs. SOPART-integriertes Prognoseinstrument
- Einführung von LSI-R aufgrund des Erlasses vom 09.02.24 (III.4) 4260-E IV.014/10 der vormaligen Ministerin Hoffmann
- wirkt rückwärtsgewandt, insbesondere in der anvisierten analogen Version
- LSI-R ignoriert die Evaluationsergebnisse des DISW und den darauf ausgerichteten Qualitätsentwicklungsprozess am Brandenburgischen Oberlandesgericht
- hoher Kostenaufwand, hoher Zeitaufwand, überproportionale Bürokratie
- Beispiel Bayern: nutzt bereits vollständig integriertes Prognosemanual in SOPART durch Nutzung der Stammdaten
3. Forderung: Entwicklung einer realistischen Fortbildungsstrategie:
- LSI-R-Schulungen binden dringend nötige Fortbildungskapazitäten
- SOPART und SOPART-integrierte Fachinstrumente können wesentliche Kapazitäten schonen durch die Möglichkeit von Inhouse-Schulungen
Fachliche Fortbildung
- vertiefte Kenntnisse in den Bereichen Strafrecht, Sozialrecht und Kriminologie,
- Kompetenzen im Umgang mit psychischen Erkrankungen, Suchtproblematiken und Traumatisierungen,
- sowie Methodenwissen in Beratung, Krisenintervention und Netzwerkarbeit