Berufliches Selbstverständnis der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Bewährungshelfer:innen, dem Berufs- und Fachverband der ambulanten sozialen Dienste der Justiz und für Resozialisierung (ADB e.V)

Präambel
Bewährungshilfe ist Teil der ambulanten staatlichen Strafrechtspflege und wird fast ausschließlich von staatlich anerkannten Sozialarbeiter:innen mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium des Studiengangs Soziale Arbeit ausgeübt. Das Leitbild der ADB e.V. ist das Produkt eines steten kollegialen Austauschs der organisierten hauptberuflich tätigen Bewährungshelfer:innen.

 

Dem ADB e.V. ist es ein besonderes Anliegen, ihre tradierten und auf Erfahrungen beruhenden Werte Sozialer Arbeit alltagsnah in Handlung und Sprache gegenüber den gerichtlich unterstellten und betreuten Bewährungsproband:innen, den Auftrag gebenden Gerichten und der Öffentlichkeit zu vertreten. Das Grundgesetz mit dem Recht auf Resozialisierung, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsgesetz sowie die Gnadenordnung bilden den gesetzlichen Rahmen des fachlichen Handelns in der hauptamtlichen Tätigkeit als Bewährungshelfer:in. In der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist das Prinzip der Sozialstaatlichkeit garantiert. Sie bildet die Grundlage für die professionelle Sozialarbeit. Die Leitlinie für das berufliche Handeln ist der internationale Code of Ethics für die Sozialarbeit. Bewährungshilfe als ein spezialisiertes Arbeitsfeld innerhalb der Sozialarbeit richtet ihr berufliches Handeln mit straffällig gewordenen Menschen an den humanitären und demokratischen Grundwerten unseres Sozialstaates aus.

 

Die Bewährungshelfer:innen respektieren die Würde und Gleichheit eines jeden Menschen, auch derer, die straffällig geworden sind. Die Arbeit in der Bewährungshilfe richtet sich nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit (Erforderlichkeit, Zweckmäßigkeit, Übermaßverbot). In der Überzeugung, dass der Mensch als denkendes Wesen ein Leben lang die Fähigkeit besitzt zu lernen, sich zu verändern und weiterzuentwickeln und im Rahmen seiner Möglichkeiten Verantwortung für sich selbst und seine Entscheidungen zu tragen, fördert Bewährungshilfe die positiven Fähigkeiten der Probanden und stärkt ihre sozialen Kompetenzen.

Ziele
Bewährungshilfe setzt sich für die Resozialisierung nach Strafrecht verurteilter Menschen ein. Ziele in der Bewährungshilfe sind die Kriminalprävention und Rückfallvermeidung durch Interventionen unter Berücksichtigung von Menschen- und Freiheitsrechten.

 

Die Integration in die Gesellschaft erfolgt durch unterstützende Hilfen der individuellen Kompetenzerweiterung und zur Erreichung von Lebenszielen straffällig gewordener Menschen. Bewährungshilfe fördert das eigenverantwortliche Handeln der Proband:innen und unterstützt sie darin, ein selbstbestimmtes Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu führen. In diesem Sinne erfüllt die Bewährungshilfe eine Lobbyfunktion für die Proband:innen zum Schutz der Allgemeinheit, weil sie Präventionsarbeit durch die Verbesserung der Lebenssituation und Unterstützung in besonderen Lebenslagen leistet. Bewährungshilfe nimmt zudem auch die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den potenziellen Opfern im Rahmen ihrer Möglichkeiten wahr und trägt mit ihrer Arbeit wesentlich zum sozialen Frieden in der Gesellschaft bei.

 

Unter dem Aspekt der Rückfallprävention ist Bewährungshilfe die Alternative zum Strafvollzug. Die Bewährungshilfe arbeitet effizient, lösungs- und ressourcenorientiert nach fachlichen Standards. Im Mittelpunkt steht dabei die Bundesvorstand-Einzelfallhilfe. Daneben bilden Gruppen- und Projektarbeit sowie die Gemeinwesenarbeit weitere Schwerpunkte.

Zielgruppe
Zielgruppe von Bewährungshilfe sind jugendliche, heranwachsende und erwachsene Personen, die aufgrund der geltenden Gesetze durch ein Strafgericht, eine Strafvollstreckungskammer oder eine Gnadenbehörde der Aufsicht und Leitung den hauptamtlichen Bewährungshelfer:innen unterstellt worden sind.

Aufgaben
Bewährungshilfe ist Sozialarbeit im öffentlichen Raum. Sie unterliegt der formalen und sachlichen Prüfung durch die Auftrag erteilenden Gerichte. Berufliches Handeln muss transparent sein auf den Ebenen Proband:innen, Institution, Kolleg:innen, andere Berufsgruppen und Öffentlichkeit.

 

Bewährungshelfer:innen ermitteln und erarbeiten gemeinsam mit den Proband:innen den Bedarf der Unterstützung und kontrollieren die Erfüllung der gerichtlichen Auflagen und Weisungen.

 

Die Bewährungshelfer:innen stehen den unterstellten Proband:innen helfend und betreuend zur Seite und leisten eine durch das humanistische Menschenbild geprägte Täter:innenarbeit. Im Rahmen der Berichtspflicht gegenüber den Strafgerichten und Gnadenbehörden erfolgen Mitteilungen über die Lebensführung der Proband:innen. In ihrer dialogisch ausgerichteten Beziehungsarbeit sollen in Kooperation mit den Bewährungsproband:innen während ihrer Bewährungszeit Schritt für Schritt am jeweiligen Einzelfall orientierte Wege aus der Straffälligkeit gesucht werden.

Umsetzung/ Methodik
Die Proband:innen mit ihren vielfältigen Lebenswelten und komplexen Fragestellungen ihrer Delinquenz stehen im Mittelpunkt professionellen Handelns als Sozialarbeiter:in.

 

Die Basis für die Arbeit mit den Proband:innen in der Bewährungshilfe ist der Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung. Im persönlichen Kontakt mit den Proband:innen arbeiten Bewährungshelfer:innen deshalb transparent und ergebnisoffen mit den Proband:innen an deren Ressourcen und den jeweiligen Bedarfen. Die Orientierung im Kontakt erfolgt motivierend und reflektiert am Alltag der jeweiligen Proband:innen. In der Praxis erfolgt der Rückgriff auf die Methodenvielfalt der Sozialen Arbeit. Die in der Bewährungshilfe Tätigen setzen an ihrem Arbeitsplatz fachlich begründete Handlungsfreiheit voraus, um die Methoden der Sozialen Arbeit individuell und eigenverantwortlich im jeweiligen Einzelfall anwenden zu können.

Kooperationen zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung
Die Zusammenarbeit mit Personen und Institutionen innerhalb und außerhalb der Justiz ist grundlegender Bestandteil professioneller Bewährungshilfetätigkeit.

 

Dabei werden die Ressourcen und Möglichkeiten lokaler sozialer Netzwerke sowie die Angebote anderer Träger unter Berücksichtigung der gesetzlichen Schweigepflicht genutzt. Kollegiale Fallbesprechungen, Supervision, Intervision sowie Fort- und Weiterbildung sind in den jeweiligen Arbeitsstellen vor Ort unverzichtbare Bestandteile der Arbeit. Sie sind deshalb von Anstellungsträgern mit den entsprechenden Mitteln zu finanzieren und während der Dienstzeit zu ermöglichen. Aufgrund ihres professionellen Selbstverständnisses nehmen Bewährungshelfer:innen die Verpflichtung zur Reflexion ihres beruflichen Handelns und zur Fort- und Weiterbildung wahr.

 

Die fachliche Qualität und Weiterentwicklung wird als organisierte Berufsgruppe in berufspolitischen Gremien sichergestellt. Auf die Einhaltung berufsethischer Standards wird durch die kritische Prüfung der Anschlussfähigkeit wissenschaftlicher Forschung mithilfe eines stetigen kollegialen, überregionalen Austausches im Dienste der Qualitätssicherung besonderer Wert gelegt. Die Kooperation mit Hochschulen und Universitäten und die Anleitung und Ausbildung von Berufspraktikant:innen zur Nachwuchsförderung sind den Kolleg:innen ein besonderes Anliegen.

Dieses berufliche Selbstverständnis ist die Grundlage professionellen Handelns und wird von den Mitgliedern der ADB e.V. kontinuierlich weiterentwickelt